Iris-Scan und Blockchain: Ein jordanischer Supermarkt an der Grenze zu Syrien nutzt bereits Technik, die in Europa noch erforscht wird. Das soll für mehr Sicherheit und geringere Kosten sorgen.
er junge Mann im hellgrauen Jogginganzug hat für die ganze Familie eingekauft. Zwei Paletten Eier, eine große Flasche Pflanzenöl, mehrere Fischkonserven, Nudeln und Salat türmen sich auf dem Band an der Supermarktkasse. Die Kassiererin hat alles über den Scanner gezogen und zeigt ihm den Betrag für seinen Einkauf. Doch statt zum Portemonnaie zu greifen, schaut der Kunde mit dem Dreitagebart und den schulterlangen Haaren nur in ein kleines schwarzes Gerät, das die Dame ihm hinhält. Es piept, und schon hat er bezahlt.
Der Supermarkt liegt nicht gerade an einem Ort, an dem man eine finanzielle Revolution erwarten würde. Der einfache Betonbunker steht im kargen, wüstenartigen Norden Jordaniens, in einem riesigen Flüchtlingslager nahe der syrischen Grenze. Und doch ist der Supermarkt einer der ersten auf der Welt, in dem alle Kunden mit dem Muster ihrer Iris bezahlen statt mit Karten oder Bargeld. Wenn es nach den großen Finanzunternehmen der westlichen Welt geht, könnte auch hierzulande die Zukunft des Bezahlens ähnlich aussehen.
80.000 Flüchtlinge leben in dem Camp Za’atari, das die Vereinten Nationen mit Hilfe vieler internationaler Geldgeber und Hilfsorganisationen betreibt. Dafür, dass die Bewohner darin nicht verhungern, ist das Welternährungsprogramm (WFP) zuständig. Als der Bürgerkrieg im Nachbarland vor fünf Jahren seinen Lauf nahm und immer mehr Flüchtlinge über die Grenze nach Za’atari kamen, stellte die Organisation erst einmal nur Essensportionen für jeden zur Verfügung. Gegen Gutscheine sollte jeder Bewohner gerade so viele Kalorien erhalten, dass er nicht hungrig ins Bett gehen musste. Doch das System hatte seine Tücken. Wie in Deutschland auch haben manche Flüchtlinge sich mehrere Identitäten zugelegt. Unter verschiedenen Namen konnten sie so mehrfach an die Hilfsmittel gelangen. Bald blühte ein Schwarzmarkt, einige Bewohner trugen die knappen Essensvorräte auch in die umliegenden Städte, um sie dort gegen echtes Geld zu verkaufen.
Das Zahlen mit dem Iris-Abdruck soll solchen Missbrauch verhindern. Nach Angaben des Welternährungsprogramms hat jeder Mensch eine unverwechselbare Irisstruktur und kann zweifelsfrei daran identifiziert werden. So kann die Iris innerhalb des Flüchtlingslagers nun zum Bezahlen verwendet werden. Und das geht so: Jeder Bewohner erhält vom Welternährungsprogramm umgerechnet rund 28 Dollar im Monat auf ein Konto überwiesen. Sobald er in dem Supermarkt seine Iris einscannen lässt, werden die Daten mit der Datenbank des Flüchtlingshilfswerks UNHCR abgeglichen, wo sich alle Bewohner des Camps registrieren lassen mussten.